Wenn du anfangen willst einen Sport zu machen, dann gehe erst mal zu einer Fritidsbanken. Alles was du dafür brauchst, kannst du dort kostenlos ausleihen.
So läuft das in Schweden, schon seit über 10 Jahren. Es war 2013 in der kleinen Gemeinde Deje, als die Diakon Carina Haak von zwei Müttern hörte, dass die beiden ihre Kinder wegen eines Eislauf-Events in der Schule krank melden wollten, weil sie sich keine Schlittschuhe leisten konnten. Sie wollten nicht, dass sich ihre Kinder dafür schämen müssen. Die Diakonin fragte sich, warum kann man Bücher ausleihen, aber keine Schlittschuhe? So organisierte sie eine Sammlung von gebrauchten Sportaktikeln, die Gemeinde stellte einen Raum zur Verfügung, und schon im ersten Jahr wurden über 1.000 Artikel ausgeliehen.
Gemeinsame Organisation als Erfolgsfaktor
Als andere Gemeinden dem Beispiel folgen wollten, wurde schon bald eine Organisation gegründet, um die Idee als Non-Profit-Franchise zu verbreiten. Damit wurde den Akteuren vor Ort enorm viel Aufwand abgenommen. Sie müssen nur geignete Räume mit einer gewissen Mindestgröße stellen, zur Eröffnung müssen mindestens 1000 Artikel vorhanden sein und es muss ein hauptamtlicher Geschäftsführer beschäftigt sein. Für das ganze Drumherum zahlen die einzelnen Fritidsbanken einen Beitrag an die Dachorganisation. Dieses System hat zu einem rasanten Wachstum und dem erstaunlichen Erfolg der Fritidsbanken beigetragen.
Alle Fritidsbanken sind mit ihrem Inventar in einem gemeinsamen Online-Leihkatalog gelistet. Es werden ausschließlich Sport- und Freizeitartikel verliehen, die überwiegend von Privatpersonen gespendet wurden. Die Leihdauer beträgt 14 Tage, es gibt keine Kaution und wenn mal etwas kaputt geht macht es nichts. Die Läden sind oft in guten Lagen und meist haben sie 5x pro Woche geöffnet. Betreiber sind überwiegend die Gemeinden und es arbeiten dort hauptsächlich Ehrenamtliche, sowie Beschäftigte in Integrationsmaßnahmen.
29 Tonnen Sport- und Freizeitartikel an einem Tag
Ein großer Schub erfolgte 2016, als die Fritidsbanken die Zusammenarbeit mit dem schwedischen Sportverband eingingen und 2017, im Sportkanal TV4, zur besten Sendezeit, die Aktion „Give Away To Sport“ übertragen wurde. An diesem Tag wurden den Fritidsbanken insgsamt 29 Tonnen Sport- und Freizeitgegenstände gespendet.
Im Herbst 2024 haben die Fritidsbanken erstmals eine größere staatliche Unterstützung erhalten. Mit umgerechnet 1 Mio. € sollen unter anderem Para-Sportartikel angeschafft werden, die Menschen mit Behinderung Sport-Aktivitäten ermöglichen.
Aktuell gibt es in Schweden 130 Fritidsbanken und 2023 wurden dort insgesamt 1,3 Mio. Artikel ausgeliehen. 2024 werden es voraussichtlich 2 Mio Ausleihungen sein. Damit haben in diesem Jahr theoretisch 20% der Schweden einen Artikel dort ausgeliehen, und wohlgemerkt sind dies nur Sport- und Freizeitartikel. Im Vergleich dazu entsprechen die 2000 jährlichen Ausleihungen beim Heinerleih gerade mal 1,2% der 165.000 Darmstädter Bürger/innen.
Warum gibt es so etwas eigentlich nur in Schweden?
In Kanada und Australien gibt es zwar auch einige Sport-Libraries, und in den USA sind etwa 25 Outdoor-Gear-Lending Libraries über das Outdoors Empowered Network organisiert, das schwedische Modell ist aber weltweit einzigartig.
Wenn man die schwedischen Zahlen auf die Einwohnerzahl Deutschlands hochrechnet, wären dies 16 Mio. Ausleihungen pro Jahr. Diese unglaubliche Zahl lässt ungefähr erahnen welch riesiges Potential in dem Arbeitsfeld „Leihen von Gebrauchsgegenständen“ noch steckt. Wenn wir also einen wirklich relevanten Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und sozialer Teilhabe leisten wollen, dann gilt es dieses Feld mit entsprechender Professionalität zu bearbeiten. Die Fritidsbanken bieten dafür ein hervorragendes Vorbild.
Mehr Infos direkt bei den Fritidsbanken und in diesem Bericht.